Frustrationsprophylaxe und Motivationserhaltung im Bildungsbereich
Lernen lernen
Lerntypen
- Visuell
- Auditiv
- Kinsetetisch
(Buchempfehlung: Coaching mit NLP: Joseph O'Connor, Andrea Lages, Isolde Seide)
- SQ3L-Methode
- Eselsbrückenbau
- Aktives Lesen
- Gruppenarbeit
- Lernpartnerschaften
- Lernen im Schlaf
- Der Schlaf als Wissenstiefbauer
Frust im Lernprozess
- Wann kommt der Frust beim Lernen (Fisher's process of personal change)
- Umgang mit nicht so tollen Ergebnissen – wie kann ein frustrierendes Erlebnis (schlechte Note) die allgemeine Motivation steigern
- Der Innere Verwalter (George Pennington, Psychologie für den Alltag Folge 4, youtube)
Wertschätzung des Individuums
Umfragen in meinen Kursen bestätigen immer wieder das Glaubensbild, daß sich Frauen in der Mehrzahl als „mathematisch unterbelichtet“ betrachten. „Ich kann halt einfach kein Mathe“ ist dort oft zu hören was natürlich auch den EXCEL-Unterricht massiv beeinträchtigt.
Daß manche Autos nicht E10 geeignet sind liegt nahe – aber aus welchem Grund sollten Frauen nicht „Mathe-geeignet“ sein? Es gibt einfach keinen.
Der Grund liegt ganz einfach darin, dass Mädchen / Frauen von Lehrern gerne mit derartigen Sätzen abgespeist werden wenn sie nicht sofort verstehen was dieser von ihnen möchte. Solche Sätze dienen in dem Sinne mehr zur Entlastung des Lehrergewissens als zur Lebensvorbereitung der Schülerin. Mein Appell an (nicht nur) Mathelehrer: Baut den Damen kein lebenslänglich mathematikfeindliches Glaubensbild. Gebt ihnen die Chance, alle ihre Möglichkeiten frei zu entfalten. Ändert eure Methoden wenn ihr seht, daß die konventionelle Methode nicht funktioniert. Lest diese Ausarbeitung fertig um keine „Mathekrüppel“ zu erschaffen. Stärkt das Glaubensbild, daß alles möglich ist – entsprechenden Einsatz und Offenheit für den Stoff vorausgesetzt!
Gutes Werkzeug
Am Werkzeug wird nicht gespart, da es einfach viel zu teuer und ineffizient ist. Wem einmal auf der Baustelle ein billiger Schraubenzieher abgebrochen ist (VERLETZNGSGEFAHR!) und wer dann 2 Stunden mit Fahrerei und Ersatzbeschaffung verbracht hat – dadurch den Fertigstellungstermin der Baustelle versäumte – der weiß wovon ich spreche.
Im Bildungsbereich verhält es sich nicht anders. Es steht meist nur eine begrenzte Zeit zur Vermittlung einer Kompetenz zur Verfügung. Wer jetzt mit veralteten Folien, schlecht synchronisierten, überbelichteten und amateurhaft gedrehten Filmen anrückt gibt nicht nur ein negatives Bild seiner eigenen Arbeitsauffassung ab, sondern schürt Widerstände und evtl. bereits vorhandene Ablehnung des gesamten Stoffes. Ein Nichterreichen des Lehrziels wird wahrscheinlicher. Wer keine Zeit habe seinen Unterricht gut vorzubereiten möge es bitte lassen.
Abgestimmte Methodik
- der Film ca. 25 Jahre auf dem Buckel hatte
- unter absolut amateurhaften Bedingungen gedreht wurde
- überbelichtet und mit ca. 1 Sekunde Zeitversatz ungenügend synchronisiert war
- draußen heikler Sonnenschein und Frühlingswetter herrschte
- die Gruppe nach dem Mittagessen in einem mittelkleinen Raum saß
Wer würde sich jetzt wundern, wenn nach solch einem Erlebnis Frust aufkommt – besonders wenn man als Selbstzahler nicht nur sein freies Wochenende, sondern auch noch einen satten finanziellen Beitrag zu berappen hat. Zugegeben – ich bin während des Filmes eingeschlafen.
Viele effizienter wäre gewesen, wenn der vorhandene, hochspezialisierte Dozent den Inhalt selbst präsentiert hätte – gleich mit anschließendem Rollenspiel in Kleingruppen. Dadurch wäre viel Frust vermieden worden und die Teilnehmenden hätten selbst Erfahrungen sammeln können.
Lernzielkontrollen
So, wie uns Erfolgen in Form guter Noten motivieren können, sorgen gesammelte Werke im unteren Leistungsspektrum für Frustration und einem unvorteilhaften Glaubensbild. Jedoch kann nicht das Ziel sein, daß immer und jeder gute Noten erhält da sonst Lernzielkontrollen und der damit verbundene vergleichende Anspruch verloren ginge.
Ein Ansatz welcher in bayerischen Schulen gepflegt wird, nämlich ein Fach gar nicht mehr zu bewerten, führt vielleicht beim betroffenen Individuum dazu, sich in diesem Fach nicht mehr frustrieren zu lassen (man hat es ja schließlich schriftlich: Glaubenssatz – ich bin halt ein Legastheniker). Jedoch zementiert es eigene Glaubenssätze und hinterlässt beim Rest der Klassengemeinschaft einen absolut faden Beigeschmack.
Lernzielkontrollen orientieren sich bei mir immer am Rahmenlehrplan und den individuellen Fähigkeiten der Gruppe. Mögliche Punkte werden nicht nur quantitativ vergeben, wichtige Antworten erhalten auch einen höheren Stellenwert bei der Punktevergabe.
Die operationale Lernzieldefinition geht beim mir immer vor der kognitiven Taxonomie (siehe Michael Birkenbihl, „Train the Trainer“ 2008, Seite 140). So ist es mir wichtiger, der Prüfungsteilnehmer kann den Wissensstoff im Kontext aktiv anwenden als daß er einfach Wörterreihen in Form einer Definition aneinanderreiht. Wörtliche Zitate und Definitionen sind oftmals wichtig und hilfreich – jedoch ersetzen sie im normalen Lebensumfeld die kontextsensitive Adaption des Erlernten. Wie traurig ist es, eine Weiterbildung zu absolvieren, viele Definitionen und Zitate auswendig zu kennen, aber den Stoff als solches nicht anwenden zu können. Die Straßen sind leider voll mit Menschen welche das Abi geschafft haben, aber keine Idee haben wie sie ihr Leben organisieren. Hilfreich könnte es für den Trainer dabei sein sich zu verdeutlichen: „Wir lernen nicht für die Schule (Prüfung, Abi etc.) sondern für das Leben“!
Lernunterlagen
Erarbeiten Sie saubere, farblich ansprechende, inhaltlich richtige, logisch strukturierte und in sich konsistente Lernunterlagen. Die Zeit ist gut investiert! Aktualisieren Sie regelmäßig diese Unterlagen und versehen sie diese mit einem Datum um jederzeit den Stand prüfen zu können. Überlegen Sie, wann der richtige Zeitpunkt gegeben ist diese Unterlagen zu verteilen. Grundsätzlich bin ich der Meinung, die Unterlagen nach der Präsentation (dem Unterricht) zu verteilen um die Aufmerksamkeit der Teilnehmer zu erhalten. Jedoch möchten viele Teilnehmer das Wichtige für den Lernprozess markieren oder Randnotizen anfertigen. Das sehe ich als durchaus vorteilhaft – ja ermutige gerne zu strukturiertem Einsatz von Textmarker und Bundstiften. In der Gruppe vereinbaren wird deshalb stets, erst nach Aufforderung des Dozenten weiterzublättern. So wird die Aufmerksamkeit sichergestellt und der Teilnehmer hat die Möglichkeit während der abschließenden Zusammenfassung seine Notizen und Markierungen zu machen.
Vera F. Birkenbihl ermutigt in Ihrem Vortag „Sprachen lernen für SchülerInnen“ (Youtube) die Teilnehmer schon vorab einen Blick in das Script zu werfen um sich eine Übersicht über den Stoff zu verschaffen. Eine entsprechende Vorbehandlung (Coating) des Lernstoffes hat sich in der Praxis als durchwegs positiv gezeigt da der Stoff nicht mehr als NEU bzw. fremd empfunden wird und an bekanntes leichter anzuknüpfen ist als an unbekanntem.
So nehme ich in meinen Kursen die letzten 15 Minuten eines Unterrichtstages (die Aufnahmebereitschaft der Teilnehmer befindet sich zu diesem Zeitpunkt eh nicht mehr in einem Optimalzustand) gerne dafür, den Inhalt des nächsten Tages samt Anwendungsmöglichkeiten zu präsentieren. Dadurch schaffe ich eine positive Haltung und Vorfreude auf den nächsten Tag.
Wertschätzender Umgang - Gewaltfreie Kommunikation wo immer möglich
Eine Ablehnung des Trainers geht oft einher mit der Ablehnung des Stoffes/des Faches. Um bestmögliche Trainingsresultate zu erzielen könnte die GFK durchaus hilfreich sein. Besonders bei aufkommenden Selbstzweifeln der Teilnehmer oder Motivationsversuchen des Trainers ist hier Vorsicht geboten. Ist das Vertrauensverhältnis einmal gestört, wird es für den Trainer schwierig das zu vermittelnde Wissen & Können anzubringen.
Einmal eröffnete mir eine (60jährige) Teilnehmerin „ich kann einfach keinen Computer“. Die Frau hatte ein funktionierendes Gedächtnis, gute Augen und 2 funktionierende Hände. Ich sah keinen Grund darin warum man den Umgang mit dem Computer hier unter Anleitung nicht erlernen könnte. Das Ergebnis war eine weinende alternde Frau was mir förmlich mein Herz zerriss. GFK hätte an dieser Stelle sicher mehr erreicht als mein „Beweis“ warum sie den Computer erlernen könnte.
GFK wäre auch in allen Hierarchiestufen des Bildungswesens angebracht zumal der Fisch bekannter weise vom Kopfe her stinkt. Ein gelebtes dominantes Auftreten seitens der Führung dürfte ebenso dominantes Auftreten der Trainer fördern. Dieses fördert dann wieder dominantes Auftreten innerhalb der Gruppe wordurch die Schwächsten der Gruppe zu Leidtragenden werden. Auch diese Schwächsten der Gruppe sind letztendlich Mitglieder der Gesellschaft und im späteren Leben auf sich selbst und ihr Selbstwertgefühl (incl. Glaubenssätze) angewiesen.
Das Vertrauensverhältnis sehe ich als Fundament auf dem der gesamte Lernprozess aufbaut. Dazu gehört auch das Verständnis, daß der Dozent zwar fortgeschrittener ist als der Teilnehmer, jedoch keine Perfektion für sich gepachtet hat. Perfektion ist etwas für Götter und Götter halten keinen Unterricht. So sehe ich es als Vertrauensbeweis, wenn ein Trainer auch einmal seine Unwissenheit eingesteht – diese aber verbindlich abarbeitet und beim nächsten Termin eine plausible Antwort auf die gestellte Frage liefert.
(er-)Leben des Stoffes - Praxisbezug
Wo möglich baue ich Elemente aus dem alltäglichen Leben in den Unterricht ein. Wollten Sie nicht schon längst einmal eine Einladungskarte im Word erstellen? Ein saisonaler Anlass findet sich immer – und der Wissenstranspher findet fast unbemerkt nebenbei statt. Motivierend ist oftmals auch die Kürung des schönsten, ausgefallensten, kreativsten Ergebnisses wobei ich immer darauf achte, jeden Teilnehmer im Lauf des Unterrichts einmal zu küren – egal in welche Kategorie sein Werk gerade fällt. Hauptsache er fühlt sich gewertschätzt.
Spiele im Sandkasten - feiern ALLER Ergebnisse
ALLE Ergebnisse sollten ausreichend besprochen und gefeiert werden – egal ob gerade Mittagspause ansteht oder etwas anderes wichtiger erscheint. Die würdigende Besprechung hinterlässt ein gutes Wertschätzungsgefühl – die Feier die Motivation für die nächste Spielerunde. Ein Mensch der in einem Kurs den Umgang mit Maus und Tastatur erlernt hat hat vielleicht mehr gelernt als sein Nachbar welcher eben mal seine Office-Kenntnisse perfektioniert hat.
Bei der Nachbesprechung aller Ergebnisse ist auf besondere Aufgabenstellungen einzugehen. Manche Aufgaben werden gestellt, obwohl eine Lösung unmöglich oder nur unter gegebenen Umständen möglich ist. Werden diese Umstände genau angesprochen kann der Teilnehmer das erlernte als positiv verbuchen und fühlt sich abgeholt. Wir dies aber versäumt so bleibt beim Teilnehmer letzlich nur der Frust an einer Aufgabe gescheitert zu sein. Mir ist es selbst einmal passiert, das Reisespiel nach Vera F. Birkenbihl (Fragestellen leicht gemacht) mit einer Gruppe gespielt zu haben. Dabei ist es wichtig, daß der Spieleleiter (in diesem Falle ich selbst) bei nicht korrekter Fragestellung seitens des Teilnehmers den Kontakt bricht indem er z.B. auf die Uhr schaut, gähnt oder Seitenkonversation beginnt. Nach Beendigung des Spieles habe ich versäumt die Teilnehmer über diesen Umstand meiner Rolle aufzuklären. Frust und Ablehung gegenüber mir als Trainer waren natürlich die konsequente Folge dieses Spiels. Was soll sich der Teilnehmer anderes denken als „arroganter Typ, Schnösel, nimmt mich nicht ernst, etc.
Übrigens: Wer Sandkastenspiele für infantil hält möge sich doch einmal das ungeahnte Lernpotential kleiner (vom Bildungssystem und Eltern unversauter) Kinder betrachten. Mit Liebe, Leidenschaft und Hingabe stapeln sie Bauklötzchen und versuchen auf ihren kleinen schwachen Füßchen einen ersten Schritt in Richtung Elternteil zu machen. Wer würde schon zu seinem Kind sagen „Du kannst das gehen einfach nicht“ oder „Du bist zu blöd für Bauklötzchen“.
Lassen Sie uns von den Kindern das Lernen wieder neu erlernen. Nehmen wir uns ein Vorbild an den Prozessen und am aufmerksamen Erkennen von Zusammenhängen. Nicht der Bauklötzchen-Turm zählt, sondern die Erkenntnis, was für eine gute Statik für Voraussetzungen nötig ist und ab wann ein Turm bei welcher Materialwahl instabil wird.
FRAGEN für Anfänger, Fortgeschrittene und Bildungssystemgeschädigte
Natürlich fordern Fragen den Trainer, wenn der Teilnehmer bei der Wissensvermittlung unaufmerksam war, mit seinem Nachbarn geplaudert oder mit dem Handy gespielt hat. Das ist absolut nachvollziehbar. Bevor nun von Seiten des Trainers mit Kritik oder Wolfssprache reagiert wird, sollte sich dieser über den Grund der Unaufmerksamkeit Gedanken machen. Vielleicht hat der Teilnehmer ein privates, bedrückendes Problem oder dem Nachbarn bei der Lösung einer Aufgabe geholfen. Vielleicht ist der Unterricht derart langweilig und einschläfernd, daß dem Teilnehmer keine andere Wahl blieb als sich abzulenken. In diesem Falle muß der Trainer sich zu allererst selbst an der Nase packen oder Nachsicht üben ggf. um Verhaltensänderung bitten.
Oftmals haben Teilnehmer den Stoff aber einfach nicht verstanden weil z.B. die Wortwahl oder die Methoden des Trainers nicht Teilnehmergerecht waren. In diesem Falle nehme ich Fragen der Teilnehmer immer gerne und dankend entgegen – eröffnen diese dem Trainer doch die Möglichkeit den Stoff nochmals auf eine andere Art und Weise darzustellen. Viele andere Teilnehmer sind vielleicht dankbar über die Zwischenfrage und würden bei einer schroffen Zurückweisung (siehe GFK) mit Ablehnung und Zurückhaltung reagieren. Vor Augen ist mir da auch ein Trainer, welcher mein Frage partout nicht beantworten wollte, beziehungsweise permanent eine schwammige, meiner Meinung nach unzureichende Antwort wiederholte. Ein weiteres Fragen, bzw. aktives Mitarbeiten erscheint mir an dieser Stelle unmöglich.
Ist erst der Sinn von Zwischen/ bzw. Verständnisfragen obsolet oder unattraktiv verdorben droht ein Abweichen von Fremdwahrnehmung und Eigenwahrnehmung über das Verständnis des Stoffes seitens des Trainers. Suboptimale Prüfungsergebnisse, Frust über das Fach als solches und Selbstzweifel (Glaubenssätze) folgen sicher auf dem Fuß.
Forderungen zum Schluss
Trete meine Bedürfnisse mit Füßen und Du bekommst einen hübschen Hygienefaktor von mir!
Eine gute Vorbereitung incl. gutem Lernmaterial – eine gewaltfreie Giraffenkommunikation und ein wertschätzender Umgang zahlt sich in jedem Falle aus. Vielleicht nicht unbedingt in Form besserer Noten – ganz sicher aber in der Akzeptanz des Stoffes und der Möglichkeit des Teilnehmers sich an anderer Stelle weiter fortzuentwickeln und nicht in einen hinderlichen Glaubenssatz zu verfallen a´la „Ich kann halt kein Mathe“.